Weil auch die Schweiz mehr und mehr mit terroristischen Ereignissen rechnen muss, die leider nicht mehr unmöglich scheinen, bereitet sie sich mit der Sicherheitsverbundübung 2019 (SVU 19) mit möglichen Szenarien auf die neuen Herausforderungen unserer Zeit vor. Übungsleiter ist der ehemalige Regierungsrat und Oberst aD Hans-Jürg Käser.

Er ist in der OG Stadt Bern ein geschätzter Referent und Kamerad, was sofort eine ungezwungene Atmosphäre schafft zwischen ihm und den 35 Mitgliedern der OGB. Ohne lange Vorreden stellt Hans-Jürg Käser die Ziele dieser Sicherheitsverbundübung 2019 vor:

  1. wie die Schweiz eine länger andauernde Terrorbedrohung bewältigt und was dabei die kritischen Aspekte sind;
  2. wie die Krisenführungsorgane von Bund, Kantonen und Dritten zusammenarbeiten und ob sie ihre Massnahmen gemäss einer gemeinsamen Bewältigungsstrategie koordinieren;
  3. ob diese Organe rasch einsatzbereit und durchhaltefähig sind sowie über ein konsolidiertes und aktuelles Lagebild verfügen;
  4. ob vorhandene Vorsorgeplanungen Terror ausreichen;
  5. ob die Krisenkommunikation von Bund, Kantonen und Dritten abgestimmt ist;
  6. wie die Empfehlungen aus dem Schlussbericht der SUV 14 umgesetzt wurden.

Zunächst stellt der Referent fest, dass keine solche Übung möglich ist, wenn die Kantone nicht mitmachen. Alle Kantone liessen sich überzeugen und machen mit. Das Organigramm zeigt die Teilprojekte Bevölkerungsschutz, Polizei (Kantone), Armee (Bund) und Krisenkommunikation.

Die meisten Anwesenden sind aus der Generation der Gesamtverteidigungsübungen (GVU) die in bester Erinnerung sind. Man kannte den Gegner. Die russischen Panzer auf den Plätzen Budapests 1956 waren sichtbar und konnten bekämpft werden, leider mit wenig Erfolg. Dennoch brach 1989 der grosse Friede aus. Es gab mit A95 keine GVU mehr. 2014 sah es bereits wieder anders aus, aber diesmal nicht so schön „suuber und früntlech krieget“ wie zu Zeiten der Kappeler Kriege 1531. Wie im Nebel verschwommen, diffus und unberechenbar finden heute Kriege statt, wie beispielsweise der Krimkrieg des 21. Jahrhunderts: ein Beginn der hybriden Kriegführung. Sensibilisierung, Aufmerksamkeit und Entschlossenheit sind gefragt.

Das Konzept der SVU 19 schuf eine fiktive Gegenseite, die „Global Liberation Front“, eine religiöse Sekte mit globaler Agenda, von irgendwo aus dem Osten, aus Agrarien. Die SVU 19 begann 2017 mit Lageberichten von Ereignissen im Raum Genf, die sich langsam steigerten bis zur Eskalation der Sicherheitslage 2019. Das strategische Ziel heisst: Verhindert weitere Terroranschläge. Die Übungsleitung ist unterwegs um zu hören und zu sehen, wie die Verantwortlichen in den Kantonen reagieren, und ob sie sich die Frage stellen: Was könnte als Nächstes passieren? Sind wir bereit? Wie wird reagiert auf politische Erpressung? Auf Propaganda z.B. mit Farbanschlägen zunächst auf Verkaufslokale Schweizerischer Produkte wie Swatch, Victorinox, oder an der Schweizer-Botschaft in Agrarien? Dann kommen die Flüchtlinge aus Agrarien. Mit den verängstigten Agrariern kommen aber auch Anhänger der erwähnten Sekte, damit sie in der Schweiz Tritt fassen können. Im Haufen der „Völkerwanderung“ erkennt man sie nicht.

Die kriminellen Beschaffungsaktivitäten sind umfassend in der ganzen Schweiz, diese „passieren“ im Jahr 2018, was die Übung nun doch ins Bewusstsein der Beteiligten sinken lässt, denn Diebstähle von Munition, Waffen, Sprengstoff, ist nichts Unbekanntes. Die aufgetauchte Liste im Internet mit 450 realen Namen von Personen aus Politik und Medien, mit Wohnadressen, ist ein Fingerzeig für die öffentliche Sicherheit. Die Autorin duckt sich, gehört sie doch auch zur schreibenden Zunft. Was zu Beginn der SVU 19 von einigen Kantonen zunächst eher oberflächlich zur Kenntnis genommen wurde, sieht nun nicht mehr so theoretisch aus. Zu viel ist tatsächlich in Europa passiert.

Dem Cyberraum muss in zunehmendem Mass Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das wird immer wichtiger, und auch wir könnten Angriffen ausgesetzt sein. Eine Sabotage (Strommasten) ist denkbar, ein totaler Stromausfall nicht einfach wegen Überlastung, sondern durch Angriffe. Terroranschläge könnten sich durchaus auch bei uns ereignen. Hier ist ganz besonders die Zusammenarbeit mit den erwähnten Partnern gefragt und wird entsprechend geübt. Der Referent ist überzeugt, dass jetzt „Gärtleindenken“ (jeder schafft das für sich allein) wirklich abgelegt werden muss.

Bei der Stabsrahmenübung der SVU 19 Mitte November 2019 müssen die Stäbe der Kantone 52 Stunden am Stück im Einsatz sein, und die Durchhaltefähigkeit steht auf dem Prüfstand. Der Weg der Unterstützungsgesuche an die Armee ist nicht einfach vorhanden. So muss beispielsweise ein Gesuch um Bewachung kritischer Infrastrukturen politisch abgestützt werden, also die Einsatzmöglichkeiten der Armee. Im Ernstfall erfolgen keine Befehle, da werden Entscheidungen gefordert. Die Kantone sind jetzt dabei, nun muss – so Hans-Jürg Käser – die politische Stufe ins Boot gebracht werden. Er möchte die wirklichen Bundesräte dabei haben, keine Figurantinnen, die Bundesrätin Amherd oder Keller spielen. Nur wer vors (Bundes)-Haus tritt, sieht, was in den Gassen vor sich geht. In der SVU 19 werden keine Naturkatastrophen geübt.

Der Referent zieht ein erstes Fazit: Es muss eine Konsolidierung angestrebt werden. Die Übung soll dazu beitragen, dass ein „Zacken zugelegt wird“ in der Aufmerksamkeit, was in den Staaten um uns herum vorgeht. Fake News beherrschen in der Realität alles! Solche Lagen der Bevölkerung glaubwürdig zu übermitteln ist eine ungeheure Herausforderung (Teilprojekt Kommunikation). Der „vorbehaltene Entschluss“ muss wieder vermehrt zum Tragen kommen. Er ist den AdA bekannt aber in der Verwaltung eher nicht. Die Übungsphase 2018 bis 2019 ist jetzt entscheidend. Jetzt müssen alle Kantone mitmachen. Der Referent hat als Übungsleiter allerdings selber keine Machtbefugnis, er überzeugt trotzdem mit deutlicher Stimme und mit blitzenden Augen, und das bestimmt nicht nur hier im Vortragssaal. Er hat die SVU 19 in den sicherheitspolitischen Kommissionen Ständerat und Nationalrat sowie sogar in England (beim Royal United Services Institute) vorgestellt, und er rief dazu auf, auch bereit zu sein zu berichten, was nicht funktioniert hat, denn daraus lernt man am meisten.

Auch die Zuhörer haben gelernt und zum zweiten Referat im Dezember von Oberst aD Hans-Jürg Käser werden – dafür sorgt nun wohlwollende Propaganda – doppelt so viele Teilnehmer im Vortragssaal sitzen: „Erste Erkenntnisse aus der SVU 19“. Darauf freuen wir uns.

Four aD Ursula Bonetti

  

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