Der Vortrag im Mai 2024 in der OG Stadt Bern vor einem zahlreichen Publikum hinterlässt Erstaunen, Begeisterung, Nachdenklichkeit, Besorgnis. Der Referent Dr. Thomas Rothacher, Leiter Wissenschaft und Technologie (W+T) armasuisse, Stellvertreter Rüstungschef, ist der Fachexperte par Excellence. Der Wissenschafter wandelt teilweise auch auf den Pfaden der Philosophie. Warum das so ist, schimmert im Referat immer wieder sympathisch durch.

Das Verständnis von Wissen ist anders geworden. Damit geht Dr. Rothacher kurz in frühere Zeiten zurück. Vor der Reise mit den ersten Dampfeisenbahnen wurde gewarnt, nicht wegen Russ und Rauch in den Lungen, sondern weil die rasende Geschwindigkeit der Gesundheit schade, das halte der Körper nicht aus. 1891 sagt Gottlieb Daimler: „Die weltweite Nachfrage an Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten … „ 1912 erklärt Marschall Ferdinand Foch: „Flugzeuge sind interessante Spielzeuge ohne militärischen Wert.“ 1993 sagt Bill Gates: „Das Internet ist nur eine Hype.“ Und Steve Ballmer, Microsoft, meint 2007: „Das iPhone spricht Business-Nutzer überhaupt nicht an, weil es keine Tastatur hat.“

Damit geht der Referent in die Gegenwart und erklärt an Beispielen die (R)evolution der Robotik. Zitat von Paul Scharre (2014): „Der Gewinner der Robotik-Revolution wird nicht derjenige sein, der diese Technologie zuerst entwickelt oder gar die beste Technologie hat, sondern derjenige, der herausfindet, wie man sie am besten einsetzt.“ Auch hier gab es schon 1918, also vor mehr als hundert Jahren, einen ersten Versuch, ein Flugzeug ohne Piloten zu betreiben, den Kettering Bug. 1942 wurde von der Deutschen Wehrmacht ein unbemannter Kleinstpanzer Goliath eingesetzt, der mit Sprengladungen durch Kabelfernsteuerung in feindliche Bunker gesteuert werden konnte, danach kamen die Drohnen ins Spiel.

Ein Projekt der armasuisse startete eine Beurteilung autonomer Systeme durch die SOG, eine Einschätzung zum Zeithorizont und Wünschbarkeit. Auch diese Grafik ist aufschlussreich. Die nächste Grafik öffnet den Blick auf die Schweizer DNA bezüglich bestes Land technischer Talente, Innovation, Forschung, Testen. Die Schweiz ist führend. armasuisse W+T ist das Technologiezentrum des VBS: Forschung – Innovation – Testing. So eine Art „Daniel Düsentrieb“ meint der Referent schmunzelnd. W+T bietet beispielsweise eine gute Infrastruktur für Schiessversuche aller Art. Das nationale Netzwerk ist unglaublich vielseitig. Die Stärkung internationaler Zusammenarbeit wird gepflegt. So sieht man in Walenstadt im „Äuli“ plötzlich Uniformen ausländischer Armeen bei einem Forschungsversuch. Das Weltraumlagebild wird immer mehr militärisch interessant. Das neuste Projekt an dem sich W+T, die Schweiz, beteiligt ist SIGINT, Pathfinder Mission im Weltall.

Ein weiteres Stichwort ist KI, künstliche Intelligenz, die angestrebte Fähigkeit, wie ein Mensch zu denken, Handschrifterkennung, Sprachverständnis. Doch Achtung: Bei Experimenten musste die KI gesprochene Sätze beenden. Das System kennt nur, womit man es füttert, mit dem Bild der Gesellschaft. Und leider wird festgestellt, dass sehr viel nationalsozialistisches Gedankengut aus dem Internet einfliesst. Das regt bei allem Verständnis für neue Technologien zu persönlichen Überlegungen an.

Die Wargamingentwicklung, zeigt KI und Simulation auch in der Verteidigung. KI und Roboter werden das Schlachtfeld verändern. Neue Simulatoren ermöglichen effektives taktisches Luftkampftraining mit „fremden“ Flugzeugen. KI bringt nebst Fragezeichen auch neue Ideen. So sind heute bereits vierbeinige Roboter vorgestellt worden, die gelernt haben, Treppen hinauf und hinunter zu steigen und somit auch in Trümmern eingesetzt werden könnten. Wie sieht die Zukunft aus? Einige Reaktionen verursacht durch KI sind nicht nachvollziehbar, das ist ein Nachteil. Die Schweiz hat für Entwicklungen viel Potential. Ein Film führt den Anwesenden vor, dass Übungen bei uns, beispielsweise das Trümmerdorf in Wangen a.A. eine friedliche Variante sind, Erdbeben, Überschwemmung. Eine Technologieadaption im Ukrainekrieg kann Orten, Erkennen, Explodieren.

Stichworte zu einigen Erkenntnissen sind: Die Autonomie der Drohnen nimmt zu; nicht immer ist der Mensch der Entscheidungsträger. Technische Kommunikationsfähigkeit ist absolut zentral um den entscheidenden Wissensvorsprung zu erreichen.

Fazit des Referenten: Der rasante Technologiewandel ist Tatsache und wird unsere Kultur und das Sicherheitsumfeld verändern. Im Umfeld passiert eine Revolution der Kriegsführung, die Nationen rüsten immer stärker auf. Die Internationale Zusammenarbeit wird stets wichtiger. Man muss die Themen ansprechen und über die bewaffnete Neutralität sprechen. Das Anliegen von Dr. Rothacher ist dringend. Das heute Gehörte und in Film und Folie Gesehene hinaus tragen, selber Stellung dazu nehmen. Er spricht auch den Cyber-Defence Campus an, das 2019 gegründete Kompetenzzentrum und das Schweizer Drohnen- und Robotikzentrum.

Dr. Thomas Rothacher sorgte für eine reich gefüllte Information, die man erst einmal schlucken muss. Doch hat er es verstanden, modernste Wissenschaft so zu erklären, dass alle es verstanden haben, unabhängig von Alter und Beruf. Es war faszinierend, so einen Schritt aus der Gegenwart in die nächste Zukunft zu machen. Dr. Rothacher gibt einen Hinweis auf eine VBS-Publikation: „Drohnen und Roboter in den Streitkräften: Die Waffen des 21. Jahrhunderts?

Four a.D. Ursula Bonetti,
Chefredaktorin

 

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