Zwei Besonderheiten prägten den Vortragsabend der OG Stadt Bern Mitte Juni 2021: Die Referentin, Divisionär Germaine Seewer, ist ein geschätztes Mitglied und es war nach langem Unterbruch der erste Anlass der OGB, der durchgeführt werden konnte. Wohl wegen den immer noch herrschenden Vorschriften zur Covid-19 Pandemie durfte man 30 Anwesende zählen, brav maskiert und an Vierertischen platziert. Das Referat hätte eindeutig mehr Zuhörer verdient gehabt, doch wie sagen die Berner? „S’isch gäng söfu“.

Div Germaine Seewer, Kommandantin der Höheren Kaderausbildung der Armee (HKA), freute sich sichtlich, im Kreise von Kameradinnen und Kameraden eine Plattform zu erhalten um über ihre Erfahrungen und Herausforderungen als Kdt HKA zu sprechen. Div Seewer dankte besonders auch den jungen Mitgliedern für ihr Engagement. Mit der Frage „Wie viele geleistete Diensttage sind hier anwesend?“ würdigte sie auch die aus der Dienstpflicht Entlassenen. „Sie motivieren mit ihrer Treue zur OGB die jungen Offiziere.“

Für die Altgedienten stellte sie die heutige HKA vor unter dem Aspekt, was anders ist, seit die Mehrheit der Anwesenden ihre Kaderausbildungen absolviert hat. Ein übersichtliches Organigramm zeigte die Vielfalt der Kaderausbildungen an den Standorten Luzern, Kriens und Bern, Birmensdorf sowie Herisau als Einheit. Div Seewer zählte die einzelnen Stellen auf, wie viele Mitarbeiter sich für die verschiedenen Kaderlaufbahnen einsetzen. Hier erwähnt sie auf sympathische Weise, dass sie nicht „gendert“. Wenn sie von Mitarbeitern oder von Absolventen spreche, dann seien immer alle gemeint. Im Saal war ein zustimmendes Kopfnicken festzustellen.

Die HKA ist die anerkannte Hauptanbieterin für die Führungs- und Stabsausbildung der Milizkader ab Stufe Einheit sowie für die Ausbildung der Berufsoffiziere (BO) und Berufsunteroffiziere (BU) der Armee. Als Kompetenzzentrum für militärische Führungsausbildung der militärwissenschaftlichen Forschung erbringt die HKA ihre Leistungen schwergewichtig für die Armee, in Partnerschaft mit den anderen Trägern der Nationalen Sicherheitskooperation und zivilen Bildungsorganisationen.

Aus den Erfahrungen AXXI wurde mit der WEA das vollständige „Abverdienen“ des neu erworbenen Grades sowie auch die Mobilmachung wieder eingeführt, was sich im Jahr 2020 nun als besonders wertvoll erwiesen hat. Als Ansporn zum Weitermachen erhalten Absolventen einer Kaderausbildung seit 2018 eine Ausbildungsgutschrift, um sich auch im zivilen Beruf weiterbilden zu können. Für die militärische Kaderlaufbahn haben die Absolventen den Rucksack bereits mit Wissen und Können aus den WK gefüllt. Später profitieren sie dann im Zivilleben von der Führungsausbildung, wie sie nur die Armee bietet. Der Führungslehrgang (FLG) Einheit von vier Wochen Ausbildung findet seit 2018 an der HKA in Luzern statt mit anschliessendem praktischem Dienst von 18 Wochen als Kp Kommandant (mehrheitlich) bei der eigenen Truppengattung, wie früher in einer RS. Der grosse Vorteil ist, dass es über 18 Wochen immer dieselben Leute sind, was Kontinuität bedeutet. Hier machen die jungen Führungskräfte am meisten „Lehrblätze“, sie machen auch bleibende Erfahrungen bezüglich Zusammenhalt und Unterstützung in einem Geben und Nehmen.
Div Seewer zeigte die Unterschiede zu gestern und heute auf. Sie spricht auf kameradschaftliche Art „wie wir es noch gelernt haben“ und wie heute gelehrt und gelernt wird. „Wir gingen ja noch mit der Landkarte ins Feld und entwickelten ein Gespür für das Gelände. Bei der Generation „GPS“ ist das anders.“ Div Seewer zeigt das Beispiel eines Kurses, der von der MIKA angeboten wird: Kommunikation und Medienpräsenz. Sich selber in einer schwierigen Kommunikationssituation vor der Kamera erleben ist eine unschätzbare Erfahrung in Echtzeit.

Die heutige Führungsausbildung erfolgt in Modulen ab der Unteroffiziersschule auch im Austausch mit zivilen Bildungsorganisationen. Zu Zeiten der Zentralschulen 1 und 2 war die Welt nicht so schnelllebig wie heute. In der Regel war das grosse Lernen mit der Schule, der Lehre oder einem Studium zu Ende. Heute lernt man ein ganzes Leben lang. Covid-19 bedingt mussten im Frühjahr einige Lehrgänge annulliert werden, die aber bis Januar 2021 in einem angepassten Lehrgangstableau wieder angeboten werden konnten. Anstelle des FLG Grosser Verband der pro Jahr einmal durchgeführt wird, gab es Herbst 2020, Frühjahr 2021 und wiederum im Herbst dann einen Mini Kombi Lehrgang. So ein Kurs kann natürlich einen vollständigen Lehrgang nicht ersetzten, aber auch hier: Besser als gar nichts. Alle Lehrgänge wurden unter Einhaltung des Schutzkonzepts durchgeführt, was einiges an angepasster Organisation und Logistik erforderte. Div Seewer ist stolz über ihre Mitarbeitenden und die Disziplin der Teilnehmer. Die Miliz durfte unter der Absage vieler Kurse und Lehrgänge nicht leiden. Vereinzelt erfolgte gar Fernunterricht! Die Jungen lernen anders. Die Ausbildung ist für morgen und übermorgen, nicht bis zur Pensionierung. Man schaut nichts mehr an, was länger als drei Minuten dauert. In diesen drei Minuten muss das Elementare „hinüber kommen“. Die HKA, wie wohl auch andere Institutionen, haben viel aus der Covid Krise gelernt. Die Berufsausbildung an der MILAK und BUSA wurde nie unterbrochen sondern angepasst weitergeführt; man konnte als Einzelner neue und wichtige Erfahrungen sammeln, es fehlte aber auch hier das Gefühl des Zusammenhaltes, des Austausches unter Kameraden.

Germaine Seewer geht kurz auf die Frage nach der Forderung „mehr Frauen in der Armee“ ein. Für sie sollen die Frauen, die bereit sind, Militärdienst zu leisten, nicht „Lückenfüller“ sein, sondern zusätzliche wertvolle AdA. Sie sieht keinen Sinn in der Quotenregelung, Zwang führt nicht zum Erfolg. Ein obligatorischer Orientierungstag (OT) für Frauen könnte schon mal dafür sorgen, dass Frauen viel besser informiert sind, wie vielseitig die Armee ist. Frauen in der Armee müssten noch viel selbstverständlicher akzeptiert werden.

Auf die Frage, wie sie sich als Kdt HKA fühlt, antwortet Div Seewer mit Worten Antoine de St.Exupérys: „Es gibt nur eine wahrhafte Freude, den Umgang mit Menschen.“ Zuhören und Verstehen. Das ist die Überzeugung von Germaine Seewer. Die Anwesenden unterstrichen dies mit grossem Applaus und zeigten damit ihre Zufriedenheit und den Dank für das Gehörte.

Four a.D. Ursula Bonetti
Chefredaktorin

 

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