Mit Tapferkeit und Kühnheit zum Sieg
Unter diese Worte stellte Div René Wellinger, Kommandant Heer, sein Referat vor 40 Mitgliedern und Gästen der OG Stadt Bern im Restaurant zum Äusseren Stand, mit dem von ihm gewählten Thema „Das Heer und die op Sphäre Boden“. Es geht um mehr als um das Heer als mechanisierte Division.
Rasch spürten die Anwesenden, dass „VIRTUS“, Entschlossenheit und Kühnheit, die zum Sieg führen auch „AUDACIA“ braucht, den Mut zum Wagnis, ja gar eine gewisse Verwegenheit; und das sind für Div Wellinger keine leeren Worte. Er führt ohne Umschweife in die derzeitige politische Weltlage hinein. Auf der Folie ist die EU-Flagge ziemlich zerfetzt. Das rüttelt auf, obwohl dieses Bildchen natürlich nicht das Hauptthema ist. Der Referent hält einen Rückblick auf die Ereignisse Ukraine und Krim. Er zählt Merkmale moderner Konflikte auf, die Denkweisen und Reaktionen des Gegners. Der hybride Gegner wirkt auf verschiedenen Ebenen, um sein Ziel erreichen zu können. Meist erfolgen diese Aktionen gleichzeitig und zentral koordiniert. Sie spielen sich in Räumen ab, welche für die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sind. Das stellt die Führung aller Stufen vor erhebliche Herausforderungen. Die hybride Kriegführung ist eine Realität und wir leben keineswegs in der so gern besungenen friedlichen Welt.
Das moderne Gefechtsfeld sind die Städte, denn dort wohnt, arbeitet und lebt ¾ der Bevölkerung. Entscheidend ist die koordinierte und gezielte Wirkung verschiedener Systeme. Wichtig ist, dass es uns gelingen muss, auf hybride Kriegführung zu reagieren und unsere Infrastrukturen zu schützen. Unsere Kräfte sollten in der Tendenz weniger spezifisch und vermehrt polyvalent eingesetzt werden können. Das setzt aber voraus, dass wir uns gemeinsam entwickeln und trainieren können, auch mit Partnerorganisationen. Die ersten Volltruppenübungen sind bereits 2018 wieder durchgeführt worden.
Div Wellinger stellt nun das Heer vor, wie es seit dem 1. Januar 2018 aufgestellt ist. Die WEA ist ein gutes Konzept das umgesetzt wird. Das Heer ist der Hauptträger des Kampfes am Boden inklusive Luftwaffe, ausser den Flugzeugen selbst. Div Wellinger kann im Auftrag des Chefs Kommando Operationen als Kommandant Einsatzverband Boden eingesetzt werden. Ihm stehen je ein Berufs- und ein Milizstab zur Seite. René Wellinger will, dass auf der Stufe Heeresstab wieder Milizler Grosse Verbände führen. Allerdings musste hier das mit AXXI verloren gegangene Know-How wieder aufgebaut werden, was aufwendig ist. Div Wellinger spricht Klartext und scheut sich nicht, auch Probleme zu erwähnen. In Volltruppenübungen soll jeder Bereich des Kampfes der Verbundenen Waffen geübt werden. „Wir dürfen nicht mehr in alten Strukturen denken, und es darf kein Neid dabei sein, wonach jeder die beste Truppengattung sein will.“ Die Kader müssen ein Gefecht selber führen können und sie müssen in gemischten Formationen schnell verschieben können, wenn sie andernorts gebraucht werden. Eine gewaltige Herausforderung. Es geht um ein Lernen der Zusammenarbeit. Die drei Säulen SCHÜTZEN, HELFEN, KÄMPFEN finden nicht mehr einzeln statt sondern kombiniert. Zum Beispiel bei einer Bedrohung der Bundeshauptstadt Bern oder von Chemiewerken.
Der Referent zählt zahlreiche Faktoren auf, die man einbeziehen muss, beispielsweise die Logistik. Jede Abteilung verfügt über eine Logistik Kompanie, das hat nur die Schweizer Armee. Der Redner spricht mit viel Engagement, er überzeugt, dass er das auch erreichen wird. Er stellt dazu viele Überlegungen an, Vergleiche zu früher, Aufgaben von heute. Er macht gute Erfahrungen mit Polizeikommandanten und andern Blaulichtorganisationen. Auch er muss sich jedoch den Gegebenheiten anpassen, wonach er nicht mehr Geld ausgeben kann, als für die Rüstung zur Verfügung steht. Er macht dazu Überlegungen die schon fast futuristisch anmuten. Sorgen macht ihm das gleichzeitige Nutzungsende mehrerer Waffensysteme. Selbst in Verzögerungen sieht er jedoch etwas Positives: Die Technologie macht gerade einen Quantensprung und mit späteren Beschaffungen können wir davon profitieren. Wir müssen in ganz neuen Kategorien denken. So ist das System TASYS für die Aufklärung für alle Waffengattungen in einer einzigen Kiste verstaubar und kann mit einem Motorrad rasch von einem Ort zum andern in den Einsatz gelangen. Man kommt mit viel weniger Geräten und Material aus. Div Wellinger stellt weitere Rüstungsgüter vor, die künftig beschafft werden sollen.
Die aktuellen Herausforderungen sind die Entwicklungstendenzen wie präzise Eingriffe in bevölkertem Raum. Was am Schluss zählt: Die Entscheidung herbei führen. Es gibt keinen Plan B. Wir müssen gewinnen: Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, mit den richtigen Kräften. Das ist so. Punkt.
Der in Mundart gehaltene Vortrag ist enorm lebendig, authentisch und mit Herzblut vorgetragen. Die Zuhörer stellen noch etliche Fragen und erhalten ausführlich Antworten. Doch endlich darf sich auch Div Wellinger, nach einem verdienten Dankeswort von Präsident Mathias Spycher, dem von Werner Rothen bereitgestellten und von UBS gesponserten köstlichen Apéro zuwenden.
Four aD Ursula Bonetti