Wie gross die Herausforderung COVID-19 für die Armee, den Zivilschutz, für die Politik und die Bevölkerung unseres ganzen Landes in Kürze sein würden, das stellten sich an der Mitgliederversammlung (MV) 2020 der Offiziersgesellschaft Stadt Bern (OGB) erst wenige im Detail vor, doch die Gefahr nahte sich in Windeseile. So fand die MV bereits unter Auflagen zur Sicherheit der Teilnehmenden statt.
KKdt Hans-Peter Walser, Chef Kommando Ausbildung, eröffnete sein Referat mit der Aussage, dass die Milizarbeit eine Grundfestung der Sicherheit ist. Leider lässt sich feststellen, dass diese in der Gesellschaft mehr und mehr erodiert. „Es muss uns gelingen die Milizarbeit zu stärken und die jungen Menschen dafür zu gewinnen.“ Die Ansicht der Weltkarten „Risikokarte 2020“ und „Cyber Risiko 2020“ sprechen eine deutliche Sprache, weltweit, wo welche Ereignisse stattfinden, die auch für uns zur Herausforderung werden könnten. Die Weltlage ist alles andere als friedlich und sicher. COVID-19 ist eine völlig neue und unerwartete Herausforderung, die das ganze Land betrifft. Im Tessin sind bereits San Trpzur Unterstützung ziviler Institutionen im Einsatz und im ABC-Labor Spiez unterstützen Spezialisten personell die Erfassung von Referenzproben. Die Führungsfähigkeit und die Einsatzfähigkeit müssen erhalten bleiben. Der militärische Gruss ist berechtigter denn je und gewinnt an Attraktivität anstelle des Händeschüttelns. Es zeigt sich bereits, dass die Vorbereitungen auf diesen Einsatz "CORONA 20" spielen. KKdt Walser ist froh, dass die Rekrutenschulen nicht schliessen. Rekruten und Kader können im Assistenzdienst eingesetzt werden. Es sind die Kantone, welche Leistungen der Armee einfordern können und dafür Antrag stellen.
Ein WEA Standbericht zeigt die Eckwerte Sollbestand, Finanzrahmen und die vier wichtigsten Grundsätze die umgesetzt werden: Regionalisierung, Bereitschaft, Kaderausbildung, Vollausrüstung. Letzteres ist noch nicht vollständig erreicht worden. Dafür zeigen sich Erfolge in der Umsetzung der wiedereingeführten Mobilmachung, die geübt wird, und für die Kaderausbildung das vollständige Abverdienen des erworbenen Grades. Hier ist ein grosser und positiver Schritt nach vorne vollzogen worden. Gespräche bei Truppenbesuchen bestätigen, dass die jungen Kader zuversichtlich die etwas längere Zeit im Militär in Kauf nehmen, in die Ausbildung einplanen, denn sie schätzen die Praxis sehr, die sie mit dem Abverdienen erwerben können. Das schafft Motivation und Sicherheit für die WK und nicht zuletzt bestätigen fast alle, sie könnten die militärische Weiterausbildung auch in die zivilen Berufe einbringen. Nicht zu vergessen das neue Angebot der Ausbildungsgutschrift für diejenigen, die sich für eine militärische Kaderlaufbahn entschliessen. Ab dem 1. Juni 2020 wird dies auch für die Unteroffiziere gelten.
Die Armee bietet jungen Menschen so vielseitige Ausbildungsmöglichkeiten, wie sie keine private Firma bieten kann. Sie bietet beste praktische Führungsausbildung. Geschult wird Sozialkompetenz, Führungskompetenz, Methodisches Können, Fachliches Können und die Fähigkeit zur Adaption, als Grundlage der Theorie zur Praxis, dem Führen unter Druck und im Stress.
KKdt Walser spricht jedoch auch Themen an, die nicht so rosig sind, z.B. die Bestandeslücken die sich ergeben durch die „die Entwicklung der „WK Bestände“ bis 2025. Die Bestandeslücken wirken sich auf die Alimentierung der Armee aus. Medizinisch und zivildienstbedingte Abgänge reissen Bestandeslücken auf. Zu viele Stellungspflichtige fallen aus dem System und fehlen in den Einheiten. Rund 50% der Abgänge in den Zivildienst erfolgen erst nach der RS. Man stellte auch fest, dass einige bereits mit dieser Einstellung, danach abzugehen, die RS absolviert haben. Basis dieser Darstellung waren die Zahlen der bei der Rekrutierung als tauglich Beurteilten.
Wie kann die Armee diesen Bestandeslücken nun entgegenwirken? Schon lange wird ja auch politisch verlangt, die Zulassungsbestimmungen für den Zivildienst so auszugestalten, dass dieses Instrument für diejenigen zur Verfügung steht, die tatsächlich einen Gewissenskonflikt mit dem Leisten von Militärdienst haben.. KKdt Walser ist überzeugt, dass die Jungen bereits vor der Rekrutierung durch verschiedene Kanäle der Meinungsbildung gesteuert werden. Er ist bestrebt, dass die Informationen unserer Jungen (Frauen und Männer) bezüglich Wert der Sicherheit, sicherheitspolitischer Instrumente und Sicherheitspolitik allgemein verbessert wird.. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Der Referent ist sehr froh um die Unterstützung von Bundesrätin Viola Amherd in dieser Sache.
Seit der vollständigen Integration der Frauen in die Armee, sofern sie die Bedingungen erfüllen, können heute Frauen in jeder Waffengattung und in jedem Grad Dienst leisten. Eine gute Entwicklung. Die Frauen haben vom einstigen FHD über MFD und FDA vollständige Gleichberechtigung (auf freiwilliger Basis) erlangt. Positive Erfahrungen überwiegen in jeder Hinsicht. „Sicherheit ist (auch) weiblich“ steht über dem Bild mit fünf jungen Frauen in Uniform, bewaffnet und eine davon mit ihrem vierbeinigen Kameraden, einem Schutzhund. Sympathische, feminine Frauen die von einer Gleichberechtigung profitieren, wie sie nur die Schweizer Armee bietet. Hier ist Gleichberechtigung – nicht Gleichmacherei – kein leeres Wort. Eine grosse Herausforderung ist nun, noch mehr Frauen zum Militärdienst in der Armee zu begeistern und zu gewinnen. Das könnte sich nicht nur auf die Moral in der Truppe sehr positiv auswirken sondern eben auch auf die Bestände. Es braucht neue Denkarten. Die Information an einem Frauen-OT könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein, aber auch Informationstage in Schulen und Ausbildungsstätten. Mehr Frauen für die Armee zu gewinnen ist eines der grossen Anliegen der Departementschefin VBS.
Auch der Nachwuchs an Berufsoffizieren und Berufsunteroffizieren muss vermehrt gepflegt werden. Dem CdA, KKdt Thomas Süssli, liegt am Herzen, die richtigen Leute für eine Berufsbildung der Zukunft zu finden.
Der Referent stellt auch die Frage in den Raum: „Bilden wir noch richtig aus? Wohin gehen die Tendenzen? Es kann nicht alles sofort geändert werden, es braucht Zeit. Aber wenn wir heute nicht aktiv werden in der Information, stehen wir in 100 Jahren noch ohne jede Veränderung da.“ Eine schöne Folie zeigt originell die zielgruppenorientierte Kommunikation: Vor der Rekrutierung, an der Rekrutierung, zwischen Rekrutierung und RS, im Militärdienst und, ja, auch noch nach der Entlassung aus der Wehrpflicht, denn schon wächst eine neue Generation heran, die bald einmal für den OT aufgeboten werden wird. Die neuen Medien bieten dazu grossartige Möglichkeiten und auch das VBS bietet dazu erste Apps an.
KKdt Hans-Peter Walser geht noch auf das Finanzierungsmodell für NKF, BODLUV und andere Teile der Armee ein. Die schön gestaltete Broschüre Air2030 empfiehlt er als Pflichtlektüre. Er schliesst sein anspruchsvolles Referat mit dem Dank an die OGB: „Was Sie machen ist Milizarbeit“. Er ist an jedem Anlass froh, wenn auch viele Vertreter der Politik anwesend sind, denn sie entscheiden letzten Endes über die Finanzen für die Armee. KKdt Walser dankt, dass die OGB geschlossen hinter Air2030 steht im Hinblick auf die mögliche Abstimmung im September 2020 zum NKF. „Es geht um den Schutz von Land und Leuten!“ Der begeisterte Applaus der Anwesenden an dieser denkwürdigen MV der OGB für den engagierten Referenten zeigt ihm die entgegengebrachte Wertschätzung.
Bis dieser Bericht auf der Webseite erscheint, ist alles anders. COVID-19 hat das ganze Land im Griff und die Armee ist in "CORONA 20" eingesetzt und bewährt sich in Führungs- und Einsatzfähigkeit. Die Herausforderung ist angenommen worden, die Anfragen der Kantone waren zahlreich. Die AdA haben teilweise grosse Verantwortung, Pflichten und auch Entbehrungen angenommen. Auch die Berichterstatterin dankt herzlich: Der Armeeführung und dem Bundesrat für vorzügliche Arbeit und den AdA für grossartigen und engagierten Einsatz! Unsere Milizarmee verdient das uneingeschränkte Vertrauen der ganzen Bevölkerung unserer durchgeschüttelten Heimat.
Four aD Ursula Bonetti
Chefredaktorin