Der Saal im Kongresszentrum Hotel Kreuz war gut besetzt, als Oberst i Gst Frieder Fallscheer am 23. September 2025 die Anwesenden begrüsste und den Referenten, KKdt Hans-Peter Walser, kurz vorstellte. KKdt Walser ist Chef Ausbildung und er sprach über die Rekrutierung und die Anforderungen an die AdA. In der Konsequenz dazu auch der Appell an die Arbeitgeber und Bildungsinstitutionen. Wer gibt, bekommt auch zurück.
Die Herausforderungen zur Erlangung der Ausbildungsgrundbereitschaft sind vor allem das Personal, Material und die Munition. Im Organigramm Kdo Ausbildung ist auch der Bereich FiAD angegliedert: Frauen in der Armee und Diversity. Eine kleine Zelle mit grosser Bedeutung. Vor allem zeigt sich die Wichtigkeit eines obligatorischen Orientierungstages auch für Frauen. Frauen sind nämlich interessiert, wissen aber zu wenig über ihre Möglichkeiten und Chancen, Gleichberechtigung, im Militärdienst.
Die Grafiken zum Armeebestand und Personalströme zeigen in Zahlen die Tatsachen auf. Die Alimentierung von Armee und Zivilschutz, neue Dienstmodelle, sind in den Räten noch nicht fertig behandelt. Zivilschutz und Zivildienst sollen zusammengelegt werden. Das heutige System hat zu viele Abgänge in den Zivildienst zur Folge. Von Gewissensgründen ist nicht mehr viel zu hören, ein winziger Anteil ist wirklich glaubwürdig begründet.
KKdt Walser ist zu vielen Truppenbesuchen unterwegs. Er will den Puls spüren, er spricht direkt mit den AdA. Mitten drin sieht und hört er weit mehr als auf die früher übliche Distanz zwischen Soldat und Offizier. Immer wieder darf er feststellen, dass die jungen AdA wirklich gut sind. Sie sehen in ihrer Ausbildung einen Sinn, sie sind motiviert zu lernen, das Gelernte auszuführen. Ein Teil kann offen auf die Fragen des Kdt Ausbildung Antwort geben ohne zu zögern. Dies bereitet ihm Freude und gibt seiner Arbeit Sinn. Viele Schulen haben keine Probleme damit, genügend AdA zu finden, die weitermachen wollen. Aber es kommen zu wenige bis in die Schulen. Damit spricht er das Problem der Abgänge zum Zivildienst an. Beim Fragebogen – anlässlich der Rekrutierung – der Wunscheinteilung zu welcher Truppengattung kreuzen viele als Möglichkeit den Zivildienst an, nach anspruchsvollen Wünschen wie Grenadier, Motorfahrer, oder Artillerie. Die falsche Vorstellung der jungen Männer ist, dass sie glauben, die Wahlfreiheit zwischen Militärdienst und Zivildienst zu haben. Hier ist dringend bessere Aufklärung notwendig.
Doch was nützen genügend gute Soldaten für die Erlangung der Verteidigungsfähigkeit ohne Material und ohne Munition? Darauf geht der Referent nun ebenfalls ausführlich ein. Die Folie „Nutzungsende der Hauptsysteme der Armee“ ist sattsam bekannt. Mit der Rotation weniger Systeme werden sie in Schulen und Kursen stark abgenützt. Was die Armee verlangt ist erst einmal die vollständige Ausrüstung für die Truppen. Erst dann kann an Aufrüstung gedacht werden, ein Unterschied, den die Armeekritiker einfach nicht wahrhaben wollen. Teile der Politik haben immer noch nicht erkannt, dass wir jetzt dringend reagieren müssen. Wir haben einen grossen Investitionsbedarf zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit.
KKdt Walser zeigt auf, worauf wir uns bezüglich Ausbildungsinhalte ausrichten müssen. Es ist eine Herausforderung der Zukunft. Vom einstigen Grabenkrieg geht es in einen wahren Hightech-Krieg. Bei uns sind die Beschaffungswege viel zu lang. Die Entwicklung dieser Technik verändert sich laufend. Die militärische Herausforderung der Zukunft heissen Sensoren und Cybermittel, weitreichende präzise Wirkmittel, Robotik, unbemannte Systeme. Dank unserer Miliz fliesst hier viel mitgebrachtes Wissen ein. Wir müssen die Stärken der Schweiz nützen. Wir sind bereits im Cyberkrieg.
Wir müssen mehr Vertrauen in die Behörden schaffen, gegen die bewusste Steuerung des Misstrauens durch Informationsoperationen. Es redet keiner von den Projekten, die gut laufen, sagt KKdt Walser enttäuscht. Mit der Unterscheidung zwischen Gut und Bös muss man bereits in der Familie anfangen. Lernen, richtig zu beurteilen. Wir brauchen Milizsysteme in jedem Bereich, jeder nach seinen eigenen Möglichkeiten, damit ein Staat funktioniert.
Danach spricht KKdt Walser über den Ausbildungskompass. Dazu zeigt er die Dachstrategie und Stossrichtungen auf. Mensch, Inhalte, Methodik, Infrastruktur, Modell. Gezieltes Vorantreiben der internationalen Kooperation. Auf den viel grösseren Waffenplätzen in Deutschland oder Österreich können auch die Schweizer Milizsoldaten besser trainieren. Ein Punkt ist die Ausrichtung des Schiesswesens und der Ausserdienstlichen Ausbildung (AT) auf die Bedürfnisse der Armee.
Mehr Verantwortung führt zu mehr Motivation, wenn nicht jeder Schritt vorgegeben ist. Selber denken, selber entscheiden, selber machen. Der Mensch steht im Fokus. Ziviler Lehrbetrieb und militärischer Betrieb unterscheiden sich beträchtlich. Zur Begleitung braucht es Berufsmilitär. Die BUSA in Herisau wird ab 2026 zu einer anerkannten, höheren Fachschule. Die Absolventen lernen, was sie später ausbilden müssen. Die Militärakademie MILAK bleibt an der ETH Zürich. Das Schwergewicht soll in Zukunft Militärwissenschaft und weniger Staatswissenschaft sein. Wir brauchen diese Vielfalt in der Ausbildung. Wie sehr KKdt Walser seine Überzeugung Motivieren und Mitreissen selber lebt, zeigt sein lebhafter Vortrag, der weit über die Zahlen und Tabellen an der Leinwand hinausgeht. Integrierte Ausbildung heisst auch viel Selbständigkeit im Lernen. Am Schluss muss man einfach das und das können, dazu werden Aufgaben gegeben. Man kann sie im Zug auf der Heimfahrt schon lösen oder erst nach der Party am Sonntagmorgen.
Immer wieder lockert KKdt Walser seinen spannenden Vortrag mit persönlichen Erlebnissen auf. So sitzt er also in den Ferien im Zug, ziviles Wandertenü, und schaut einigen Rekruten zu, die eifrig auf ihren iPhones tippen, nachdenken, weitertippen. Tourist Walser sieht natürlich aus dem Augenwinkel, um was es sich handelt. Dennoch fragt er die Rekruten nach ihrem Tun. Und diese erklären ihm mit Verve ihre Ausbildung – die Zuhörer der OGB schmunzeln bereits – und wie es super sei im Militär. Walser stellt noch einige Fragen, und einer stutzt dann doch und meint, er käme aber gut draus. Walser nickt bescheiden und schreibt sich doch die sieben Namen auf. Er schickt ihnen anschliessend eine Karte mit Dank für das gute Gespräch und den besten Grüssen, Korpskommandant Walser, Chef Ausbildung. Die verblüfften Gesichter können wir uns alle vorstellen. Von fünf Rekruten bekommt er Antwort. Ja, er kommt draus, der Chef Ausbildung. Das hat sein mitreissender Vortrag deutlich gemacht und die Beantwortung der Fragen aus dem Publikum setzt noch den i-Punkt bevor es zum Apéro geht.
Four aD Ursula Bonetti
